© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

In Brasilien treffen Kürzungen die Sozialwissenschaften
Lächerliche Veranstaltungen
(dg)

Im internationalen Vergleich ist Brasilien mit 2.450 Hochschulen und acht Millionen Studierenden eine Bildungsgroßmacht. Der für den Verfassungsrechtler Leonardo Martins (Universität Rio Grande do Norte) durch die Politik von Präsident Jair Bolsonaro erhebliche Verwerfungen bevorstehen. Martins, häufiger Berliner Gastprofessor, der „Pünktlichkeit, Disziplin und rational-methodisches Vorgehen auch in einer multikulturellen Welt für bewahrenswerte Tugenden“ hält, die er noch in deutschen Juristenfakultäten wahrnehme, vermißt jetzt solche Rationalität im heimischen Umfeld. In den seit März rasant umgesetzten Reformplänen der Regierung lasse sich „kein vernünftiger Plan“ erkennen (Deutsche Universitätszeitung, 8/2019). Hauptziel der Stellenkürzungen, die zu 13.000 Entlassungen und 30prozentigen Etatkürzungen bei einigen Spitzenunis führten, scheine der Abbau geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen zu sein. Für Bolsonaros Bildungsminister Abraham Weintraub sind die vielfach „lächerlichen Veranstaltungen“ in den wissenschaftliche Qualitätsansprüche nicht erfüllenden, von „Gender Studies“ und linker Ideologie durchsetzten Disziplinen willkommener Anlaß, den Geldhahn zuzudrehen. Es gehe ihm zudem darum, wie Kritiker fürchten, den in den letzten zwei Jahrzehnten für eine breite Masse geöffneten Hochschulzugang wieder zu verengen. 


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