© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

Betrachtungen zum 25. Todestag: Karl Poppers liberale Utopie weltweiter Offenheit
Schiffbruch mit Ansage
(dg)

Der Tod des 92jährigen Philosophen Karl Raimund Popper 1994 fiel kurz nach dem Kollaps des Realsozialismus in eine „Ära liberalen Hochgefühls“, wie Jürgen Große feststellt. Wieder waren „Feinde der offenen Gesellschaft“ gescheitert und das damals ausgerufene „Ende der Geschichte“, eine global expandierte Demokratie westlich-kapitalistischen Zuschnitts, schien nahe. Es kam anders. Und inzwischen, so meint der habilitierte Berliner Philosoph zu spüren, „umweht die Sozialphilosophie des Popperianismus seit längerem Altersgeruch“ (Tumult, 3/2019). Was nicht primär an der Instrumentalisierung von Poppers Totalitarismustheorie durch den US-Milliardär George Soros gelegen habe, der nach 1990 im östlichen Mitteleuropa ein „Open Society Institute“ nach dem anderen eröffnete. Soros’ Aktivitäten brachten den Ideologiegehalt und die Widersprüche von Poppers Lehren nur zur Kenntlichkeit. Konservative Denker wie Panajotis Kondylis und Rolf Peter Sieferle hätten bereits vor dem „Schiffbruch der sozialistischen Utopie im Osten“ erfaßt, daß der von Popper, nach 1991 auch von Linken geteilte Traum einer Globalisierung der westlichen Wirtschaftsform und ihrer utilitaristischen Ethik nicht in „offene Gesellschaften“, sondern in „‚gewaltige Verteilungskämpfe und Katastrophen planetarischen Ausmaßes‘“ münden dürfte. 


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