© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

Lesen am Platz unter der Sonne
Internationale Medien: Deutschsprachige Publikationen im Ausland nehmen zu
Christian Schreiber

Deutschsprachige Zeitungen im Ausland haben eine lange Tradition, denn Auswanderer haben sich schon früh als eifrige Zeitungsmacher erwiesen. Bereits 1729 gründeten Emigranten in St. Petersburg eine auslandsdeutsche Zeitung. Im 19. und 20. Jahrhundert haben Emigranten in Nord- und Südamerika, Afrika und Australien eine beachtliche Vielfalt an deutscher Auslandspresse erschaffen, die sich zum Teil bis heute erhalten hat. Deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften sind in den vergangenen Jahren im Ausland im Aufwind. 

Rund 2.500 Publikationen erscheinen gegenwärtig außerhalb der Grenzen deutschsprachiger Länder wie Deutschland, der Schweiz und Österreich und erreichen mehr als 100 Millionen Menschen. In den vergangenen zehn Jahren sei die Anzahl der Printorgane sogar um mehr als 50 Stück angewachsen, teilte die Internationale Medienhilfe (IMH) mit, in der sich viele deutschsprachige Medien im Ausland zusammengeschlossen haben.

Von Buenos Aires bis Sydney

Parallel zu den traditionellen Blättern der deutschen Minderheiten in Osteuropa ist so in den vergangenen Jahren eine beachtliche deutschsprachige Medienszene in aller Welt entstanden. Die Bandbreite ist dabei unterschiedlich. Manchmal sind es Pfarrbriefe religiöser Gruppen, Vereinsblätter, Mitteilungen von Wirtschaftsorganisationen oder Schülerhefte, teilweise aber Magazine, die dem Austausch und der Vernetzung dienen. „Die Nachfrage nach deutschem Lesestoff im Ausland ist groß, weil der deutsche Außenhandel aktuelle Wirtschaftsinformationen von den Absatzmärkten in aller Welt benötigt“, teilt die IMH mit, die auch die Interessen zahlreicher fremdsprachiger Medien in Deutschland vertritt. Außerdem betrachten Touristen aus der Bundesrepublik in ihren Urlaubsländern die deutschsprachigen Publikationen als Orientierungshilfe. Immer mehr ausländische Schüler und Studenten lernten zudem Deutsch, und deutsche Minderheiten schätzten weltweit die Medien als Brücke zur alten Heimat. Eine der größten Publikationen ist dabei die Mallorca-Zeitung, die an einem der beliebtesten Reiseziele der Deutschen vertrieben wird. Auftritt und Vertrieb sind absolut professionell, zum Team gehören immerhin mehr als ein Dutzend festangestellter Redakteure. Die Zeitung erscheint einmal wöchentlich und informiert über das aktuelle Inselgeschehen in Politik, Sport, Kultur und Gesellschaft sowie über Lifestyle und Service-Themen. Zu den Lesern gehören deutschsprachige Auswanderer auf Mallorca, Urlauber sowie Abonnenten unter anderem in Deutschland. Das Blatt wird häufig von Medien im deutschsprachigen Raum zitiert und hat dadurch auch eine Funktion als Multiplikator für Mallorca-Themen. Vergleichbare Formate, wenn auch mit kleinerer Auflage, gibt es auch auf Fuerteventura (Fuertezeitung) oder Gran Canaria (Wochenblatt). 

Klassische Multiplikatoren-Funktionen haben Auswanderer-Zeitungen in den USA oder Kanada. Einen relativ hohen Bekanntheitsgrad hat das Blatt Das Echo, das 1978 für Nachkommen deutschsprachiger Einwanderer und Neu-Immigranten in den USA und Kanada gegründet wurde. „Zielgruppe unserer erfolgreichen Zeitung sind in erster Linie die über drei Millionen Nachkommen von Einwanderern, die aus den verschiedensten deutschsprachigen Ländern nach Nordamerika gekommen sind. Viele von ihnen sind stolz auf ihre Sprache und Herkunft und begrüßen Das Echo Monat für Monat als alten Freund“, teilt der Verlag mit. Zeitungen wie Das Echo zählen zu den klassischen Auswanderer-zeitungen und richten sich an andere Zielgruppen als die „Touristen-Blätter“ auf Mallorca, in Thailand oder sogar in der Dominikanischen Republik. 

Über Tradition verfügen deutschsprachige Medien auch in Südamerika. Ursprünglich als Tageszeitung gegründet, erscheint Die Woche seit einiger Zeit einmal wöchentlich in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens. Eines der ältesten derzeit existierenden Blätter ist die in Chile erscheinende Zeitung Condor, die auf ihrem Internetauftritt über tagesaktuelle Themen berichtet und sich in der vergangenen Woche fragte, ob die AfD tatsächlich bei den Landtagswahlen in Mitteldeutschland stärkste Kraft werden könnte. Herausgeber ist der Deutsch-Chilenische Bund, der die Interessen der rund 300.000 deutschstämmigen Menschen in Chile vertritt. Ähnliche Formate finden sich vereinzelt auch noch im südwestafrikanischen Raum wie die Allgemeine Zeitung in Namibia (JF 7/17) oder in der pazifischen Region Australiens und Neuseelands wie Die neue Woche aus Sydney. 

Eine andere Zielgruppe sprechen dagegen deutschsprachige Medien in Asien an. China heute oder Asia Bridge werden teilweise von chinesischen Redakteuren gestaltet und berichten hauptsächlich über wirtschaftliche Themen, wobei im Handelsstreit mit den USA eine eindeutige Position pro China bezogen wird. Die Blätter richten sich eher an temporär im Land lebende Wirtschaftsvertreter  denn an dauerhafte Auswanderer.