© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

Aufgeschnappt
Da helfen keine Pillen
Matthias Bäkermann

Beim Tag der offenen Tür im Niedersächsischen Landtag am 24. August hat sich ein unerhörter Nazi-Skandal ereignet. Ein dort von der AfD ausgeteiltes Werbegeschenk „für selbständige Denkprozesse und Freiheitsgefühl“ diente nichts anderem als der Verherrlichung Adolf Hitlers. In diesem Urteil über die in Anmutung einer Medikamentenschachtel ausgegebenen „AfD forte“-Minzdragees sind sich die Fraktionen von CDU, Grünen und SPD einig. Die Zahl 18 sei allzu verräterisch, also die sechs in Dreierreihen angeordneten „Tabletten“ auf dem typischen Alustreifen in der Verpackung. 

„Die Ziffern stehen in der Naziszene seit langem für die Initialen A und H des größten deutschen Staatsverbrechers“, klärt Grünen-Fraktionschefin Anja Piel auf. Dieser „gefährlichen und perfiden Strategie“ der AfD sollten sich nun „alle demokratischen Kräfte“ widersetzen. Auch der Verfassungsschutz müsse endlich aktiv werden. „Wer an einen Zufall glaubt, zieht sich auch die Hose mit der Kneifzange an“, zitiert die Nordwestzeitung den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD Wiard Siebels. Den Einwand der AfD, daß es sich bei der Packungsgröße ganz profan um das kostengünstigste Angebot des Herstellers der Minzpillen handele, läßt er genausowenig gelten wie sein CDU-Kollege Jens Hacke.