© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/19 / 13. September 2019

Erdogan droht mit Flüchtlingsströmen
Basar der Erpressungen
Jürgen Liminski

Der Markt funktioniert. Der Verfall der türkischen Lira macht den Urlaub an den Küsten Kleinasiens billig, 2019 könnte für den Tourismus in der Türkei ein Rekordjahr werden – trotz der politischen Umstände und Gefahren. Das scheint den Diktator am Bosporus zu ermuntern, auch den Markt mit dem Menschenhandel zu beleben. Es stoßen wieder mehr Flüchtlingsboote von der Küste ab – obwohl die türkische Grenzwache genau das verhindern sollte.

Da auch die griechischen Behörden gewohnt langsam arbeiten und kaum Leute in die Türkei zurückschicken, staut es sich wieder in Griechenland, Merkels Flüchtlingsdeal läuft ins Leere. Und mit den Zahlen auf dem Mittelmeer steigt auch die Angst der Europäer vor neuen Flüchtlingswellen. Diese Gemütslage nutzt Präsident Recep Tayyip Erdogan und droht unverhohlen mit Flüchtlingsströmen, falls nicht mehr Geld aus der EU nach Ankara fließt.

Das nennt man Erpressung. Bei Erdogan nichts Neues. Der Sultan will aber nicht nur Tribut aus der EU, sondern auch Schürfrechte in der Ägäis, um die Gasfelder vor Zypern anzuzapfen. Zudem will er eine Sicherheitszone in Nordsyrien für Flüchtlinge einrichten, de facto aber die Kurden aus dieser Region vertreiben, und dabei soll die EU auch helfen. Der Mann im Palast der Zimmer ist größenwahnsinnig und wird es auch bleiben, der Basar mit Erpressungen funktioniert ja prächtig.