© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/11 11. Februar 2011
Zwischen Reichstag und Kanzleramt Wer kann heute noch etwas mit Begriffen wie Hardthöhe und Hardtberg anfangen? In der alten Bundesrepublik war die Hardthöhe selbst dem breiten Publikum bekannt. Dort befand sich das Bundesverteidigungsministerium, und der Stadtteil Hardtberg der Bundeshauptstadt Bonn, die sich heute nur noch Bundesstadt nennt, war die aus damaliger Sicht optimale Verbindung zwischen Arbeit und Wohnen. In den unzähligen kleinen Straßen steht Einfamilienhaus an Einfamilienhaus, hin und wieder hatten die Architekten Mut zu Doppelhäusern. Von den Wohnstraßen geht es flugs auf vierspurige Zufahrtstraßen zu den hier sitzenden Ministerien. Die Gegenrichtung führt zum Einkaufen oder zu kulturellen Erlebnissen in die Innenstadt beziehungsweise zur Autobahn 555 nach Köln, von der Bonn-Hasser früher zu sagen pflegten, diese Autobahn sei das schönste an der beschaulichen Bundesstadt. Ein Besuch in Bonn zeigt, daß der tägliche Andrang vor den
Ministerien, von denen sich Teile nach den Vorschriften des
Hauptstadt-Beschlusses immer noch in Bonn befinden, deutlich geringer geworden
ist. Ruhig geht es an den Pforten zum Verteidigungsministerium und den
Ministeriumsbauten in der Rochusstraße zu. Im nahe Bald soll es noch ruhiger werden. Bei seinen Kürzungsplänen für die Bundeswehr will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Hardthöhe, eigentlich Hauptsitz seines Ministeriums, nicht schonen. Von den derzeit 3.000 Mitarbeitern des Ministeriums sollen 1.800 bleiben. Gleichzeitig wird der Bendler-Block, wo heute die Berliner Außenstelle des Ministeriums untergebracht ist, kräftig ausgebaut. Damit sollen dort nicht mehr nur die 600 Mitarbeiter der Berliner Außenstelle (eigentlich handelt es sich um die Führung des Ministeriums) untergebracht werden, sondern bis zu 1.000 Mitarbeiter. Damit wäre der Umzug des Verteidigungsministeriums abgeschlossen, denn den Rest seiner Mitarbeiter will Guttenberg in neue Bundeswehr-Ämter ausgliedern, von denen aber eines oder zwei in Bonn ihren Sitz haben sollen. So schrumpft die Bedeutung der Bundesstadt Bonn für die Bundespolitik immer weiter. Zwar rühmt ein Glossenschreiber im örtlichen General Anzeiger Bonn für seine pünktlich verkehrenden Straßenbahnen und spielt damit auf die verheerenden Zustände bei der Berliner S-Bahn an. Auch die Zahl der Schlaglöcher soll sich in Bonn in Grenzen halten, wird gelobt. Aber selbst Lokalpatrioten können nicht wegdiskutieren, daß die Stadt viel von ihrem Charme verloren hat, der ihr von Kultur bis hin zur Gastronomie eine besondere Note gab, auf die selbst Kölner neidisch schauten. Heute wirkt Bonn wie eine abgelegene Mittelstadt mit ein paar Museen zuviel. Man fährt mit dem Eindruck davon, daß Bonn größtenteils langweilig geworden ist. |