© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/11 04. Februar 2011
Weltwirtschaftsforum in Davos Was bleibt vom diesjährigen Treffen des Weltwirtschaftsforums, von dem kolportiert wird, sein Missionsziel laute, den Zustand der Welt zu verbessern? Daß sich diese nicht mehr nur um den Westen dreht, zeigte bereits der Eröffnungsredner, der russische Präsident Dimitri Medwedew. Für das Ziel der Weltverbesserung übten sich die Wirtschaftsführer und Staatenlenker auch diesmal in der Kunst des Gedankenaustauschs, machten sich gegenseitig Mut, gaben Appelle aus oder verkündeten Botschaften. Dazu gehörte unter anderem die Absichtserklärung, ein Risk Response Network einrichten zu wollen, das Finanzkrisen wie der von 2008 vorbeugen soll. David Cameron setzte unterdessen erst einmal auf Selbstvertrauen. Dessen bedarf es aus Sicht des Premierministers auch, schließlich hat Großbritannien nach Japan das größte Defizit unter allen G-20-Staaten angehäuft und liegt damit noch vor den USA. Cameron hatte also seine ganz eigenen Gründe, als er davon sprach, daß die Europäer um ihren Wohlstand kämpfen müssen. Dafür präsentierte er in Davos die typischen angelsächsischen Rezepte: Neben der Forderung nach Initiativen, den Unternehmergeist zu stärken und die Sozialsysteme zu beschneiden, machte sich Cameron dafür stark, Handelsbarrieren niederzureißen. Vor allem aber müsse das Gespenst der ausufernden Staatsverschuldung verscheucht werden. US-Finanzminister Timothy Geithner sprach weniger über die eigene ausufernde Verschuldung als vielmehr darüber, daß sein Land noch immer die klügsten Köpfe der Welt anzöge angesichts der amerikanischen Bildungsmisere ist das auch überlebensnotwendig. In der Qualität der Talente erblickte er einen der wichtigsten Wachstumsfaktoren. Natürlich ging Geithner auch auf das Thema Währungsfragen ein und monierte einmal mehr die Auswirkungen der chinesischen Geldpolitik. Die Staatschefs der Eurozone durften die Botschaft zur Kenntnis nehmen, daß die Märkte (vorerst) nicht mehr auf einen Zusammenbruch des Euro spekulierten. Allerdings hinge die dauerhafte Rückkehr des Vertrauens in die Gemeinschaftswährung davon ab, ob die Euro-Staaten sich auf einen nachhaltigen Krisenmechanismus einigen könnten. Hier entpuppte sich Angela Merkel einmal mehr als Knetweibchen (JF 5/11), weil sie seit neuestem für eine starke wirtschaftliche Koordinierung der Eurozone eintritt. Dafür werde der größte Eingriff in nationale Wirtschaftskompetenzen vorbereitet, den die EU seit Einführung des Binnenmarktes erlebt habe. Auch wenn hier eigene Akzente gesetzt werden, bedeutet das ein Einschwenken auf die französische Forderung nach einer EU-Wirtschaftsregierung. Was dabei herauskommen wird, ist bereits jetzt absehbar: ein neuer fauler deutsch-französischer Kompromiß. |