© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/10 08. Oktober 2010
Neoliberalismus-Kritik Guido Westerwelle, dem gockelhaften Schreihals, sei mitten in der Wirtschaftskrise nichts, aber auch gar nichts anderes eingefallen, als ohne Unterlaß nach Steuersenkung zu krähen, mit solcher Substanzarmut vergleichbar nur dem überforderten Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). So polemisiert ein Klaus Harpprecht gegen den Neoliberalismus, während der Philosoph und Ex-Staatsminister Julian Nida-Rümelin die wirkungsmächtigste Ideologie seit dem Niedergang des Marxismus distinguierter und prinzipieller attackiert (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 9/2010). Die Glaubenssätze non-egalitärer US-Ideologen wie Harry Frankfurt, die dem Marktradikalismus einen intellektuellen Anstrich gäben, ließen sich nämlich auf Margaret Thatchers primitives Credo There is no society reduzieren. Was sich aber unter dieser Parole Freiheit des einzelnen seitdem gesellschaftlich tatsächlich vollziehe, bedeute die Preisgabe der politischen Moderne. Und die werde seit dem 17. Jahrhundert über den untrennbaren Zusammenhang von Freiheit und Gleichheit definiert. Da aber die Bundesbürger heute erstmals seit 1949 mehrheitlich gegen Steuersenkungen votieren, sei den Regierten, im Gegensatz zu den liberal-konservativen Regierenden, offenbar klar, wie wenig individuelle Wohlstandsgewinne den Verlust kollektiver, gleicher Güter kompensieren können. www.frankfurter-hefte.de |